Samstag, 13. Dezember 2014

[T] ¿Quién causa taaanta alegria?

Während ihr in Deutschland hoffentlich alle ein gemütliches, kuschliges und schönes Nikolauswochenende hattet, habe ich zwei ereignisreiche, aufregende und vor allem lustige Tage in León verbracht!

Denn hier in Nicaragua wird kein Nikolausfest gefeiert, sondern einen Tag später - am 7.12. - "La Purisima", also die Jungfräulichkeit Marias. La Purisima gibts es so weltweit nur in Nicaragua und ist hier entsprungen, genauer gesagt in dem schönen Städtchen León...

Abenddämmerung in León

Und genau dahin hat mich Markgee mit hingenommen, aber für sie war es auch das erste Mal León zur Purisima. Sonntagmorgens sind wir mit dem Auto also los, um zwei Stunden später bei Markgees besten Freundin aus Schulzeiten Darling unterzukommen. Für mich war es auch das erste Mal, dass ich wirklich in das Leben einer nicaraguanischen Familie eintauchen durfte.
Darling lebt mit ihrem Mann Hugo und deren Tochter, aber auch mit ihren Eltern und ihrem Bruder mit derzeitiger Freundin und seiner Tochter zusammen. Also drei Generationen in einem Haus und jede Familie hat jeweils einen Bereich für sich zum Schlafen, alles andere wird aber gemeinsam benutzt und ihr könnt euch sicher vorstellen, dass dort jederzeit gut Trubel herrscht!

Und die Familie hat mich so offen und freundlich aufgenommen, uns León zur Purisima gezeigt und war während dessen stets geduldig mit mir, in allen Belangen - sei es, dass ich lieber kein Fleisch essen mag oder auch, wenn ich das ein oder andere Wort nicht verstanden habe. Also rundum habe ich mich schon nach wenigen Stunden fast heimisch gefühlt!


Aber jetzt nochmal zurück zum Fest: schon Tage vorher bereitet sich das Land auf die Feiertage vor, am 28. November hört man die ersten Feuerwerkskörper und Knallkörper...
Die Böller hört man bis zum 7.Dezember und auch noch jetzt gerade knallt es immer wieder ganz schön laut über meinem Kopf. Hat man sich am Anfang doch noch arg erschreckt, gewöhnt man sich auch relativ bald dran, auch wenn man morgens um fünf mal davon wach wird.
Und die Knallerei wird auch noch den ganzen Dezember über weitergehen, mal mehr, mal weniger, Heiligabend etwa oder am 31. sollen weitere Höhepunkte kommen, ich bin gespannt, wie es ist, wenn es im Januar dann verhältnismässig still ist!

Zur gleichen Zeit werden auch unzählige Altare aufgebaut, in Managua auf der grossen Strasse, die vom Managuasee hoch an wichtigen Plätzen und Einkaufszentren führt. Dort sind es so an die 40 Stück, alle zum Gedenken an die hl. Jungfrau Marias, aufgestellt von Unternehmen, Unis, Städten, Banken, etc..

ein Marien-Alltar vor einer der zahlreichen katholischen Kirchen Leóns
der vormittags gemeinsam errichtete Altar meiner "Gastfamilie"
Aber auch manche Familien stellen Altare bei sich auf, meist so, dass sie vor einem Fenster oder auf der eingezäunten Terasse zur Strasse hin stehen. Jede Stadt hat seine eigene Tradition, in Granada wird z.B. eine Marienstatue durch die Strasse geführt, in Managua feiern viele Leute zusammen vor der alten Kathedrale oder verteilen sich auf die unzähligen barrios um in Gruppen Lieder und Verse zu Ehren Marias zu singen. In León versammeln sich erst fast alle Einwohner der Stadt, aber auch viele Besucher aus dem Rest Nicaraguas und anderen Ländern pünktlich um sechs Uhr abends auf dem Hauptplatz vor der Kathedrale, wo der Bischof laut fragt "Quién causa tanta alegria?" (wer verursacht solche Freude) und ein lauter Schrei ertönt, in dem es heisst "La concepción de Maria!".

Die Kathedrale vorm grossen Schrei
 Dann beginnt ein grosses Feuerwerk, ein Strassenumzug mit traditionellen Figuren, in denen ausschliesslich Kinder stecken und schliesslich strömen die Leute los, um an den von den Familien aufgestellten Altaren zu rufen "Quién causa tanta alegria?" und sowohl die Antwort "La concepción de Maria" als auch Geschenke - Süssigkeiten, Plastikgeschirr, Streichhölzer und sonstiges Zeugs - von den Errichtern der Altare. Es ist ein bisschen wie Halloween bei uns, aber gleichzeitig auch ganz anders! Das hilft auch den Ärmeren und ist für sie eine Möglichkeit ohne Schamgefühl etwas geschenkt zu bekommen. Denn auch der Staat verteilt Solitaritätspakete mit Reis, Bohnen und sonstigem Essen.

links die Schlange für die Geschenkeausgabe verschiedener Organisationen
Für mich war es ein sehr lustiger Abend, den ich mit Sicherheit nicht so schnell vergessen werde, Markgee kamen uns zwar ein bisschen komisch vor, lediglich zu rufen und dann mit offener Hand auf ein Präsent zu warten, aber man ist schnell in der Bewegung der unzähligen Menschen mit drin! Bald hatten wir die Bewegung und Atmosphäre der Strasse aufgesogen! Ein bisschen kam es mir wie ein Traum vor, in dem unglaublich viel gelacht wird und man läuft und ruft, ohne darüber nachzudenken...

bewegte Strassenaufnahme

Nach einer relativ kurzen Nacht sind wir dann am Montag mit der ganzen Familie noch für ein paar Stunden an den Strand in der Nähe von León gefahren, denn der 8. Dezember ist ein nationaler Feiertag, den die Leute hauptsächlich dazu nutzen, viel zu schlafen und sich den vorherigen Tagen zu auszuruhen.


 
So viel zu meinem Wochenende, jetzt warten die letzten anderthalb Arbeitswochen auf mich, mit viel Inventarsarbeit - also Bücher sortieren, durchgucken und evtl. neu klassifiezieren, das Melb-Konzert und eine Theateraufführung in der Bibliothek und dann gut zwei Wochen Ferien und ein ganz anderes Weihnachtsfest, als das was ich bisher kenne...


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