Mittwoch, 17. Dezember 2014

[R] Casa de los Tres Mundos II



 [R] Casa de los Tres Mundos II

 (Bilder: Auf dem Dach der Casa de los Tres Mundos)


Mein Eindruck von der Casa ist sehr positiv, es gibt erstaunlich viele Einrichtungen und Angebote und die Menschen, die in der Casa mitwirken sind allesamt sehr nett. Das Kulturzentrum ist eine Oase in Granada, ein schönes, weitläufiges Kolonialgebäude in gutem Zustand, mit einer angenehmen Atmosphäre. Gerne verweilt man länger im schattigen Hof, in dem stets Ausstellungen gezeigt werden, oder im grünen Garten, man kann allerhand entdecken. Man trifft nette, interessante Leute an, die sich für Kultur interessieren, das Kulturzentrum soll natürlich auch ein Raum zum Kennenlernen und Vernetzen sein.

Yogi & geschätzter Poesielehrer Isaac

Im ersten Moment
kann man aber auch etwas enttäuscht von der Casa sein, denn einige Einrichtungen werden wenig genutzt, die Veranstaltungen sind mal mehr, mal weniger gut besucht. Ebenso die Kurse: Während die Musikschule zurzeit 135 Schüler unterrichtet, besuchen die Malschule weniger als 10 Kinder, Locreo erreicht fast 200 Kinder, der sehr kleine Theaterflügel bedient etwa knapp 30 Kinder, die private Tanzgruppe hat ungefähr 40 Schüler. Klar: Die Aktivität in den Bereichen ist von zahlreichen Faktoren abhängig – Finanzierung, Engagement von einzelnen Personen, Qualität, Werbung, Interesse der Bevölkerung... Aber man wird das Gefühl nicht los, dass mehr Potenzial drinsteckt, erst recht da es ansonsten in Nicaragua ein sehr knappes Angebot an Kunst und Kultur zum Mitmachen gibt.

Doch die ärmere Bevölkerungschicht tritt weniger den Weg aus den Aussenbezirken in das Zentrum an,  sieht die Casa teils sogar als ein Ort für Leute mit Geld an, in dem sie nichts zu suchen haben. Einige Eltern sehen es nicht unbedingt positiv wenn ihr Kind sich einem Kurs anschliesst, sie befürchten, dass es sich bloss rumtreibt, sehen die Kurse als Müssiggang. Manche finden, Künstler und Musiker seien Rumtreiber oder Faulpelze die es zu nichts im Leben bringen. Zu den kulturellen Veranstaltungen erscheint meist augenscheinlich finanziell eher besser gestelltes Publikum.
Das ist schade, denn das Kulturzentrum steht für Jedermann offen. Erklärte Philosophie der Casa ist, dass Kultur für Jedermann ist und weder nur etwas für schräge Künstler noch ein Privileg oder Zeitvertreib für die Oberschicht. Das Projekt LoCreo ist für mich ein gutes Mittel um die Casa und ihr kulturelles Angebot in den Aussenbezirken zu mehr Präsenz und Akzeptanz zu verhelfen.

Tauben verstecken sich vor der Erleuchtung
Das Thema der geringen Wahrnehmung des kulturellen Angebots ist sicherlich ein sehr komplexes, grosses und nicht nur ein „Problem“ in Granada und Nicaragua. Nur ist es hier enttäuschender und unverständlicher, denn das komplette Kulturhaus wurde mit Spendengeldern und viel Hingabe aufgebaut und stellt eine Einzigartigkeit dar. Es kann sich anfühlen wie ein mit Liebe gemachtes Geschenk, das in der Ecke liegengelassen wird.

Wobei es, wie gesagt, in Deutschland ja nicht anders ist. Es ist eine relativ kleine Bildungsschicht, welche aus der Mittel- und Oberschicht entspringt, die kulturelle Einrichtungen nutzt. Wobei das nicht unbedingt so sein müsste, klar, privater Musikunterricht beispielsweise ist für arme Familien nicht bezahlbar. Museen, Theater etc. jedoch sind massiv vom Staat subventioniert, eine Theateraufführung kann weniger als ein Kinobesuch kosten, es gibt sehr viele Angebote die auch für ärmere Menschen problemlos bezahlbar sein könnten. Trotzdem trifft man bei den meisten Theaterstücken hauptsächlich wohlhabende Menschen über 50 an.

Hausmeister Chavez

Auch wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, schätze ich Desinteresse oder Demotivation der jungen Nicas anders ein. Der Kunstunterricht an deutschen Schulen, der Unterricht in welchem mit Abstand am meisten Freiheit und Platz für Kreativität herrscht, wird von den Schülern praktisch nicht ernstgenommen, dient eher zum Kaffeekränzchenhalten oder Musikhören. Es ist nunmal immer und überall eine gewisse Herausforderung, junge Leute zu motivieren, etwas aus sich zu machen, an sich selbst zu glauben und ihr Talent zu fördern und sie von anderem Zeitvertreib oder dem Rumhängen vor den Bildschirmen wegzureissen.

Ich finde die Casa ist ein wunderbares Werk, hat sehr viel Potenzial und wird auch in Zukunft und ein wichtiges Zentrum für das Zusammenwirken von Menschen und die Entwicklungszusammenarbeit in Nicaragua sein.

Namasté.

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