Sonntag, 16. August 2015

[R] Havanna Historie




Eine ganze Weile war nichts besonderes geschehen. Bis ich mir einen Traum erfüllte:
Eine Reise nach Kuba.



Ich beschränkte mich bei meiner Reise auf die Hauptstadt Havanna und ihre Umgebung. Denn in Havanna gibt es mehr als genug zu sehen. Ich lernte ich die Stadt nicht nur oberflächlich kennen, sondern begann in den zwei Wochen, tatsächlich in Havanna zu leben.

El Prado


An den Häusern Havannas lässt sich die spannende Geschichte der Stadt sehr gut ablesen.
Damit meine ich nicht die erhaltenen Einschusslöcher am ehemaligen Präsidentenpalast, die in den revolutionären Jahren bei einem Überfall entstanden.



Vielmehr stehen die verschiedenen Bereiche der Stadt für je eine historische Phase Kubas. Sie hat sich mit der Zeit mehr und mehr nach Westen, immer weiter weg von der Hafenbucht, entwickelt.

Koloniales Gebäude bei "Plaza Vieja"



Die Geschichte beginnt an der Bucht Havannas, in der von den Spaniern gegründeten Altstadt. Der Hafen wurde zum Wichtigsten des Kolonialreiches in der neuen Welt. Hier wurden die Reichtümer aus den Kolonien, zu denen damals noch Mexiko und Florida gehörten, umgeschlagen und nach Spanien verschifft. Die grosse Bedeutung dieser Handelstadt erklärt die Vielzahl an prächtigen, mächtigen Gebäuden.


Die Kathedrale von Havanna













Gewaltige Festungsanlagen bewachen gegenüber die Einfahrt zur Bucht und die kostbare Altstadt, die oft Angriffen von Korsaren und Britischen Truppen ausgesetzt war.


Blick über die Bucht auf "Castilla El Morro"



"Castillo El Morro"

Kanonen von der Festung "La Cabaña"



Heute hat die Altstadt einen sehr aussergewöhnlichen Flair. Wie in ganz Havanna, findet man keinerlei Markengeschäfte oder Restaurantketten, keine Werbeplakate, die das Ambiente der Altstadt überdecken könnten. Es ist erstaunlicherweise zu grossen Teilen noch ein normales Wohnviertel, mit Lebensmittellädchen, Schulen, Apotheken und Eisenwarenläden.
Dass viele Gebäudefassaden bröckeln, ist in Havanna normal, doch in der Altstadt war und ist die Situation teilweise dramatisch, viele Gebäude sind heruntergekommen, einsturzgefährdet.
Die Kubaner haben dem Verfall ihrer Altstadt den Kampf angesagt – mit der Zeit hat man die wichtigen, historischen Gebäude renoviert und bereits komplette Strassen herausgeputzt.
Doch diese restaurierten Gebäuden kommen hauptsächlich dem rasant wachsenden Tourismus zugute.











Havanna und die Altstadt verschlug mir die Sprache. In Nicaragua sind selbst die beiden wichtigen kolonialen Städte Granada und León komplett einstöckig - wie unglaublich reich muss Havanna also unter den Spaniern gewesen sein, wenn sie sich es sich leisten konnten, prächtige, riesige, vierstöckige, Gebäude zu errichten. Ebenso war ich völlig überrascht, in der Altstadt „normale“ Menschen wohnen zu sehen - denn  in Granada sind ganze Strassenzüge durch Hotels und Geschäfte aufgekauft worden.

Die Altstadt wird durch die Prachtallee „Prado“ von „Centro Habana“ getrennt. Die herrliche Allee beginnt am Meer - am „Malecón“, der berühmten, kilometerlangen Uferpromenade - und führt an herrlichen Bauten entlang zum Zentralpark und Kapitol, dem Wahrzeichen Havannas.

Beginn der Allee "El Prado"

"Capitolio"


Das folgende Viertel „Centro Habana“ ist ein normales Wohnviertel, nur dass die Menschen hier in ehemals prächtigen Wohnhäusern vom Anfang des 20.Jahrhunderts wohnen, die ebenfalls durch den Mangel eine Renovierung dringend nötig haben. Die Strassen hier sind immer mit viel Leben gefüllt, ein typisches Latino-Nachbarschaftsleben-Ambiente. Der „Boulevard San Rafael“ ist die Einkaufsstrasse, in der die Kubaner flanieren und man einige Einkaufshäuser findet, die tatsächlich an vergangene Jahrzehnte erinnern.



Das westlichen Ende von „Centro Habana“ wird durch das Universitätsgelände und die legendären Hotels „Habana Libre“ und „Hotel Nacional“ markiert. Hier beginnt das Stadtviertel "El Vedado".

Blick auf das Viertel "Vedado". Links: "Hotel Habana Libre" Mitte: "Hotel Nacional"

Hotel Nacional
Hintergrund: "Hotel Habana Libre"


 

Jukebox

In „Vedado“ wird die Architektur generell moderner und weniger verschnörkelt, man sieht nun viele freistehene Häuser. Diese Gebäude wurden in den boomenden Jahren der 30er, 40er, 50er errichtet, als auf Kuba mit Zucker, Rum und Tabak Geld gemacht wurde und die Insel zur „Insel des Vergnügens“ für US-Amerikaner wurde. Rauschende Feste, Prostitution, Glücksspiel und natürlich Rauschmittel in Massen prägten diese Zeiten, während die Hotels und Casinos Havannas im Besitz berüchtigter US-Mafiosi waren.


Lobby "Hotel Nacional"

Die Insel, regiert vom Batista-Clan, war derat abhängig und kontrolliert durch die Vereinigten Staaten, dass man von einer US-Kolonie sprechen kann. In vielen Alleen sieht man die ehemaligen Villen der Reichen jener Zeiten – beispielsweise die „Allee der Präsidenten“, wo einige Ehrenmale an bedeutende Präsidenten Lateinamerikas erinnern.


Avenida de los Presidentes
Avenida de los Presidentes

Denkmal an Salvador Allende, ehemaliger Präsident Chiles

Avenida de los Presidentes

Avenida de los Presidentes

Avenida de los Presidentes




Im Westen Vedados, in Miramar, gibt es dann tatsächlich Gegenden, in denen auf grossen Grundstücken unglaubliche Villen erbaut wurden. Hier residierten einst die Reichsten der Reichsten, heute leben hier Ausländer, Diplomaten. Diese Viertel sind equivalent zu den „Residenciales“ Lateinamerikas, in denen die reiche Elite abgeschirmt von der Bevölkerung hinter meterhohen Mauern lebt und man auf den Strassen nur verspiegelte SUVs antrifft.

Da man von den hinter hohen Mauern versteckten Villen keine Fotos machen kann, hier ein paar Fotos von dem was bleibt. Memento mori.








Die dekadente Phase der US-Kolonie Kuba endete Ende der 50er Jahre, als die Revolution triumphierte. Jahrelang hatte die revolutionäre Guerilla gegen die zahlenmässig weit überlegene Armee Batistas gekämpft. Am 1.Januar 1959, nach der Einnahme der Stadt Santa Clara floh der Diktator vor den Aufständischen.
Auf der Agenda der Revolutionäre stand nicht nur die Befreiung vom Regime – es ging den Führern der Revolution um mehr – um ein Ende des ausbeuterischen, exklusiven Systems, der Unmündigkeit gegenüber der ausländischen Mächte.
Ein Blick auf die drei berühmten Anführer der Bewegung lässt bereits die Einzigartigkeit dieser Revolution erahnen:
Fidel Castro, intelektueller Sohn einer reichen Familie.
Camilo Cienfuegos, Student aus einfachen Verhältnissen.
Ernesto „Che“ Guevara, argentinischer Arzt und heute weltberühmte Ikone.


Che, Fidel, Camilo und meine Wenigkeit
Geschenk eines südamerikanischen Künstlers an Fidel Castro in seinen alten Jahren
Skulptur der drei Líderes

Wachsfiguren von Camilo und Che


Die Revolution wurde stets von einem riesigen Teil der kubanischen Bevölkerung mitgetragen. Seit dem Triumph versammeln sich die Massen zu besonderen Anlässen auf der „Plaza de la Revolución“, unter der Ehrensäule des Kopfes der Unabhängigkeitskriege gegen die Spanier, José Martí.

Memorial Jose Martí


Massenkundgebung auf dem Platz der Revolution



Von den Reformen, die die Revolutionsregierung auf den Weg brachte, zeugen in Havanna eine Vielzahl an Aussenbezirken, in denen einfache Wohnblocks hochgezogen wurden, um der massiven Wohnungsnot entgegenzuwirken. Weiterhin wurde eine Landreform durchgeführt, das Land der Grossgrundbesitzer wurde also an Kleinbauern und -kooperativen verteilt. Es folgten Verstaatlichungen wichtiger Betriebe, Alphabetisierungskampagnen, freie Bildung und Gesundheitsversorung. 

Typisches neues Wohnhaus





Diese „kommunistischen“ Reformen sorgten dafür, dass das neue Kuba die ehemalige „Schutzmacht“ USA gegen sich aufbrachte, welche daraufhin Kuba wirtschaftlich und politisch isolierten. Tatsächlich verzichtete die Regierung Fidel Castros auf demokratische Wahlen und führte in der Folge einen Ein-Partei-Staat ein. Doch der tatsächliche Grund des Konflikts waren tatsächlich die geschädigten wirtschaftlichen Interessen der US-Eliten.
Der Konflikt zwischen den beiden Staaten eskalierte 1962, als eine Brigade von 1500 Exilkubaner mit der Unterstützung der „Yanquis“ (so werden US-Amerikaner auf Kuba genannt) eine Küsteninvasion startete. Die kubanischen Streitkräfte waren jedoch vorbereitet, und es gelang ihnen, die Landekräfte am Strand der „Schweinebucht“ niederzuschlagen.
Dieser historische Sieg,  wird in Kuba als der erste „Sieg über den Imperialismus“ eines lateinamerikanischen Staates bezeichnet. Denn tatsächlich hatte bis zu diesem Moment kein Staat einer US-amerikanischen Agression standhalten können.
Kuba hält die Wirtschaftblockade und Agression seit mehr als einem halben Jahrhundert aus. Unter der Präsidentschaft Obamas haben beide Staaten nun begonnen sich anzunähern.

Wenn man diese Geschichte kennt, ist verständlich warum die Kubaner mit Stolz sagen:

"Die Revolution ist unbesiegbar."



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