Donnerstag, 27. November 2014

[R] Amanecer & Lärm

[R] Amanecer & Lärm


(Bilder: Impressionen aus Granada)





Es fängt bereits früh am Tag an. Um 2 Uhr morgens kräht zum ersten Mal der Hahn, die Sonne kitzelt schon um 5 Uhr morgens die Augen, kurz darauf höre ich aus dem Hof das typische platschende Geräusch der frühaufstehenden Haushälterin, wenn sie die Wäsche über das Waschbrett zieht,
und dabei mit meiner „Tante“ Rosa-Argentina plaudert, die spätestens um 6 Uhr das Haus verlässt um nach Managua zu fahren. Sie ist nicht die einzige, die um diese Uhrzeit das Haus verlässt, dementsprechend gibt es Bewegung auf den Strassen und manchmal auch Strassenlärm – Maribel kommentiert das in etwa so: „Furchtbar, hört sich an als hätte ich einen Lastwagen unter meinem Bett.“

 
Proletarier unter Mittagssonne

ehem. Industriegebiet
Wenig später bewegt sich Chilo, die Hausälteste, aus ihrem Zimmer und spätestens dann wache ich auf, denn aufgrund ihrer Schwerhörigkeit  muss Doña Maribel lautstark mit ihr reden. Bereits frühmorgens machen sich die „fliegenden Verkäufer“, die es hier überall gibt, auf ihren langen Weg durch die Stadt und verkünden lautstark, was sie mit sich führen: Die gellenden Rufe in unterschiedlichsten Tonfällen sind im Text schwer wiederzugeben, ich glaube dazu sollte ich ein Video drehen. Hier meine Lieblinge: „Freeeescoooo?“ – „Eeeeladoeladoeladoeladoeladoo“ – „La Preeensalaprensalaprensalaprensaaa!“ - „Baaarrrrras“ – „Tiiiiillaaa! Tortiiiilla!“ – „Llevo Chancho! Llevo Friiitoo! Van a querer Chaaancho?“ „Llevo Tomaate, llevo chiltoma, llevo ayoote.“

Aussenbezirk "Pancasan"
Sie alle profitieren dabei von dem Umstand, der dem beschriebenen Lärm zugute kommt, denn die recht simpel gebauten Häuser sind natürlich allesamt ungedämmt, haben dünne Wände, verfügen über keine abschirmenden Fenster und sind allgemein aufgrund der Temperaturen offen gebaut. Mittlerweile habe ich mich erstaunlich gut an den Lärm gewöhnt, für den die Nicas zahlreiche Worte haben: „buya“, „alboroto“, „esturque“ und das gängige „ruido“, und schaffe es oft trotzdem fast bis um neun zu schlafen. Man gewöhnt sich an alles.

Radfahrerpaar, Pick-Up, Kuh, Strassenhund
Oft fahren Pick-Ups mit gewaltigen Lautsprecherboxen durch die Strassen und verkünden Werbung, Veranstaltungen, Neueröffnungen, Solidaritätlieferungen oder Verstorbene. Die Lautstärke dieser bedauernswerten Werbe-Autofahrern  wird nur von abendlichen Konzerten oder Feiern übertroffen, die ebenfalls mit überdimensionalen Lautsprecheranlagen ganz in der Nähe auf einem Platz stattfinden.



Diese jedoch enden immehin stets vor Mitternacht, im Gegensatz zu einer grossen Veranstaltung von evangelischen Christen, die letzte Woche den Osten der Stadt bis in die Morgenstunden wachhielt, da in nie gekannten Ausmassen mit tropischen Merengue-Beats und aufputschenden Sprechchören lautstark der Glaube gefeiert wurde. Denn hier wird der Glaube nicht kleinlaut hinter den dicken Kirchenmauern mit einem gehauchten „Amen“ nach der Rede des Pfarrers bekannt, sondern mit fröhlichen christlichen Liedern, die jedes Kind kennt. Wer sich ein Beispiel anhören möchte: Tu Gloria


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