Ich will euch mitnehmen auf die letzte Bücherbusfahrt ins abgelegene Malpaisillo, zu zwei Grundschulen, deren Schüler ohne den Bücherbus keine Möglichkeit hätten an Bücher heranzukommen, sie sind schlichtweg viel zu teuer für die meisten..
Diesmal beginnt die monatliche Bücherbusfahrt
zu zwei Schulen in die Gemeinde 'Mina El Limón'
im Norden des Managuasees um 6.30 Uhr im Nieselregen und bei relativ
kühlen Temperaturen. Im Gepäck zwei große
Kisten voll mit Kinder- und Jugendbüchern, die nur darauf warten
entdeckt und gelesen zu werden!
Es ist Don Nelson - der erst seit ein paar Monaten in der Bibliotheks
arbeitende Busfahrer - der sich heute der Herausforderung stellt, die
Bücher sicher zu den Kindern in Malpaisillo zu bringen. Da der
langjährige Busfahrer Don Reybil in etwa zwei Jahren in Rente gehen
wird, übernimmt Don Nelson nach und nach einige Fahrten, um sich in
die verantwortungsvolle Aufgabe einzuarbeiten.
Nach etwa zwei Stunden beginnt die eigentlich
Herausforderung für Don Nelson, der Bücherbus verlässt die
asphaltierte Hauptstraße und muss nun vorbei an diversen
Schlaglöchern hinauf zur ersten Schule gelenkt werden. Da es in der
Nacht viel geregnet hat, auch in der sonst sehr trockenen Gegend um
Malpaisillo, ist der Untergrund zwar nicht so hart und die
Schlaglöcher nicht so tief wie beim letzten Mal, es kommt aber zu einem anderen
Beanspruchtest für den Bücherbus: zwei
Brücken sind noch nicht fertig gebaut und so gilt es nun einen zum
Glück kleinen und noch nicht tiefen Fluss zu durchqueren. Der Motor
ist aber stark genug und im Gegensatz zu einem anderen
Motorradtransporter schafft es der Bücherbus ohne Schäden auf die
andere Seite.
Durch den Bach, doch ein bisschen tiefer als gedacht.. |
Zur Zeit wird auf der Strecke (auf einigen Passagen) eine
gepflasterte Straße gebaut, die die Reise natürlich sehr viel
vereinfacht. Aber die letzten Kilometer zur ersten Schule „Lourdes“
wird erneut eine holprige Angelegenheit über Stock und Stein.
Aber all das wird durch die Freude der Schüler und Schülerinnen,
die den elegant von Don Nelson rangierenden Bücherbus sehen, zur
Nebensächlichkeit! Um etwa 10 Uhr beginnt die
Bibliotheksmitarbeiterin Arianna damit, die ausgeliehenen Bücher des
letzten Monats einzusammeln, und zu katalogisieren, damit sicher
gestellt wird, dass alle Bücher heile und vollständig wieder
zurückkommen.
der Bibliobus in bereits 5. Generation in Aktion |
Kurz darauf beginnt für die Kinder der schönste Teil
des Bücherbusbesuchs: sie dürfen sich - natürlich der Reihe nach -
jeweils eins, wenn großer Bedarf ist auch ein Buch mehr aussuchen
und dies nach Registrierung für einen Monat mit nach Hause nehmen.
Zunächst fällt ein Mädchen besonders auf –
Alondra – acht Jahre alt und mit zwei Büchern bewaffnet. Eins
davon ist das Kochbuch „Tupi Cocina“ mit einfachen aber kreativen
Ideen wie Monstern oder Gesichtern.
Auf Nachfrage erklärt sie, dass sie es eigentlich nur zum Lesen
ausgesucht hat, kochen könnte sie außer Reis doch überhaupt nicht.
Arianna zeigt ihr einige Rezepte und
fordert Alondra auf, ihr nächstes Mal ein Rezept vorstellen zu
können, mal schauen, was der nächste Bibliobusbesuch in Lourdes mit
sich bringt!
direkt nach der Bücherausgabe: die Kinder sitzen vor ihrem Klassenzimmer und bereits eingetaucht in fremde Welten |
Aber ein anderes, ruhiges, schon relativ erwachsenauftretenes Mädchen taucht
auch im Bibliobus auf, und das gleich mehrfach. Aber von Anfang an:
Janci, gerade mal elf Jahre alt, gibt wie alle anderen Kinder auch
ihr bereits gelesenes Buch ab und sucht sich als neues eins aus, dass
sich insofern von den meisten anderen Büchern abhebt, als dass es
auf Englisch ist. Denn Janci lernt seit kurzem neben dem
Unterrichtsstoff auch noch nachmittags in einer anderen externen
Schule Englisch. Ihr Lehrer beschreibt sie als sehr intelligent und
wissbegierig. Aber damit nicht genug, nachdem alle Kinder bereits ein
oder mehrere Bücher ausgeliehen haben, ist Janci nocheinmal im Bus;
sie sucht diesmal für ihren älteren Bruder ein Buch – auch fürs
Englischlernen – und nimmt am Ende vier Bücher mit. Ihr Bruder
geht nicht zur gleichen Schule und hätte daher auch nicht die
Möglichkeit den Bücherbus zu nutzen. Janci eröffnet ihm aber diese
Türen und wird zuhause mit ihrem Bruder zusammen lernen und die
Bücher austauschen!
Am Nachmittag geht es weiter zur nächsten Schule
– Galilao, diese liegt auf dem Rückweg zur Hauptstraße und ist
ebenfalls eine Grundschule. Auch hier wird der Bücherbus ähnlich in
Empfang genommen wie auch schon in Lourdes: die Kinder freuen sich
sehr und falls jemand sein Buch an diesem Tag zuhause vergessen hat,
wird eben ein Fahrrad genutzt um nach Hause zu flitzen, damit man
auch ein neues Buch ausleihen kann! Bei der Ausleihe gilt aber: die
zuverlässigste Klasse, also die, in der die Kinder alle oder die
meisten Bücher wieder abgegeben haben, darf zuerst in den Bücherbus
und hat das Privileg der größten Auswahl. Nach und nach, und immer nur
fünf Schüler im Bus, damit es nicht zu voll ist, werden die Bücher
sorgfältig ausgesucht. Während der ganzen Zeit springt auch ein
sechsjähriger Junge um das Geschehen herum, der es kaum noch
abwarten kann, endlich auch ein Buch auszuleihen – er muss sich
allerdings noch eine Zeit gedulden, es dauert noch eine kleine Weile
bis er in die Schule kommt. Er guckt sich aber schon die Bücher an
und erzählt bewundernd und aufgeregt was auf den Bildern alles zu sehen ist.
Es fängt an zu regnen und da alle Kinder schon ein Buch haben,
werden Tisch, Stühle, Treppe mit Geländer und alle anderen
Requisiten sicher im Bus verstaut und die Fahrt zurück beginnt.
Vorbei geht es an aktiven und nicht mehr aktiven Vulkanen, vielen Pferden, Kühen, Ziegen, Truthähnen und diversen Hühnern, bis wir kurz vor Managua einen eindrucksvollen Blick über den leider sehr verschmutzen Managuasee nehmen dürfen..
solch grüne Felder sieht man hier in Managua leider nicht, umso schöner mal rauszukommen! |
Zwischendurch machen wir noch einen kurzen Halt in der kleinen Stadt La Paz Centro und ich werde zu meinem ersten echten Quesillo eingeladen, einem typischen nicaraguanischen, leider auch sehr fettigem Gericht, dass aus Tortilla, Zwiebeln, saurer Sahne und einer Käsesoße besteht.
Und dann kommt der Bücherbus abends, bereits im Dunkeln, etwa gegen
sechs sicher wieder an der Deutsch-Nicaraguanischen Bücherei in
Linda Vista an und ich bin wirklich hundsmüde, unterhalte mich noch kurz mit Markgee und entschwinde ins nahe Haus um bald ins Bett zu fallen!
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