Eine ganze Weile war nichts besonderes geschehen. Bis ich mir
einen Traum erfüllte:
Eine Reise nach Kuba.
Ich beschränkte mich bei meiner Reise auf die Hauptstadt
Havanna und ihre Umgebung. Denn in Havanna gibt es mehr als genug zu sehen. Ich lernte ich die Stadt nicht nur oberflächlich kennen, sondern begann in
den zwei Wochen, tatsächlich in Havanna zu leben.
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El Prado |
An den Häusern Havannas lässt sich die spannende
Geschichte der Stadt sehr gut ablesen.
Damit meine ich nicht die erhaltenen Einschusslöcher am ehemaligen
Präsidentenpalast, die in den revolutionären Jahren bei einem Überfall
entstanden.
Vielmehr stehen die verschiedenen Bereiche der Stadt für je eine historische Phase Kubas. Sie hat sich mit der Zeit mehr und mehr nach Westen,
immer weiter weg von der Hafenbucht, entwickelt.
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Koloniales Gebäude bei "Plaza Vieja" |
Die Geschichte beginnt an der Bucht Havannas, in der von
den Spaniern gegründeten Altstadt. Der Hafen wurde zum Wichtigsten des Kolonialreiches in der neuen Welt. Hier wurden die Reichtümer aus den
Kolonien, zu denen damals noch Mexiko und Florida gehörten, umgeschlagen und
nach Spanien verschifft. Die grosse Bedeutung dieser Handelstadt erklärt die Vielzahl an
prächtigen, mächtigen Gebäuden.
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Die Kathedrale von Havanna |
Gewaltige Festungsanlagen bewachen gegenüber die
Einfahrt zur Bucht und die kostbare Altstadt, die oft Angriffen von Korsaren
und Britischen Truppen ausgesetzt war.
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Blick über die Bucht auf "Castilla El Morro" |
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"Castillo El Morro" |
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Kanonen von der Festung "La Cabaña" |
Heute hat die Altstadt einen sehr aussergewöhnlichen
Flair. Wie in ganz Havanna, findet man keinerlei Markengeschäfte oder
Restaurantketten, keine Werbeplakate, die das Ambiente der Altstadt überdecken
könnten. Es ist erstaunlicherweise zu grossen Teilen noch ein normales
Wohnviertel, mit Lebensmittellädchen, Schulen, Apotheken und Eisenwarenläden.
Dass viele Gebäudefassaden bröckeln, ist in Havanna normal, doch in der
Altstadt war und ist die Situation teilweise dramatisch, viele Gebäude sind
heruntergekommen, einsturzgefährdet.
Die Kubaner haben dem Verfall ihrer
Altstadt den Kampf angesagt – mit der Zeit hat man die wichtigen, historischen
Gebäude renoviert und bereits komplette Strassen herausgeputzt.
Doch diese
restaurierten Gebäuden kommen hauptsächlich dem rasant wachsenden Tourismus
zugute.
Havanna und die Altstadt verschlug mir die Sprache. In
Nicaragua sind selbst die beiden wichtigen kolonialen Städte Granada und León
komplett einstöckig - wie unglaublich reich muss Havanna also unter den
Spaniern gewesen sein, wenn sie sich es sich leisten konnten, prächtige,
riesige, vierstöckige, Gebäude zu errichten. Ebenso war ich völlig überrascht,
in der Altstadt „normale“ Menschen wohnen zu sehen - denn in Granada sind ganze Strassenzüge durch
Hotels und Geschäfte aufgekauft worden.
Die Altstadt wird durch die Prachtallee „Prado“ von
„Centro Habana“ getrennt. Die herrliche Allee beginnt am Meer - am „Malecón“,
der berühmten, kilometerlangen Uferpromenade - und führt an herrlichen Bauten entlang
zum Zentralpark und Kapitol, dem Wahrzeichen Havannas.
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Beginn der Allee "El Prado" |
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"Capitolio" |
Das folgende Viertel „Centro Habana“ ist ein
normales Wohnviertel, nur dass die Menschen hier in ehemals prächtigen
Wohnhäusern vom Anfang des 20.Jahrhunderts wohnen, die ebenfalls durch den
Mangel eine Renovierung dringend nötig haben. Die Strassen hier sind immer mit
viel Leben gefüllt, ein typisches Latino-Nachbarschaftsleben-Ambiente. Der
„Boulevard San Rafael“ ist die Einkaufsstrasse, in der die Kubaner flanieren
und man einige Einkaufshäuser findet, die tatsächlich an vergangene Jahrzehnte
erinnern.
Das westlichen Ende von „Centro Habana“ wird durch das
Universitätsgelände und die legendären Hotels „Habana Libre“ und „Hotel
Nacional“ markiert. Hier beginnt das Stadtviertel "El Vedado".
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Blick auf das Viertel "Vedado". Links: "Hotel Habana Libre" Mitte: "Hotel Nacional" |
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Hotel Nacional |
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Hintergrund: "Hotel Habana Libre" |
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Jukebox |
In „Vedado“ wird die Architektur generell
moderner und weniger verschnörkelt, man sieht nun viele freistehene Häuser. Diese
Gebäude wurden in den boomenden Jahren der 30er, 40er, 50er errichtet, als auf
Kuba mit Zucker, Rum und Tabak Geld gemacht wurde und die Insel zur „Insel des
Vergnügens“ für US-Amerikaner wurde. Rauschende Feste, Prostitution,
Glücksspiel und natürlich Rauschmittel in Massen prägten diese
Zeiten, während die Hotels und Casinos Havannas im Besitz berüchtigter
US-Mafiosi waren.
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Lobby "Hotel Nacional" |
Die Insel, regiert vom Batista-Clan, war derat abhängig und
kontrolliert durch die Vereinigten Staaten, dass man von einer US-Kolonie
sprechen kann. In vielen Alleen sieht man die ehemaligen Villen der Reichen jener Zeiten –
beispielsweise die „Allee der Präsidenten“, wo einige Ehrenmale an bedeutende
Präsidenten Lateinamerikas erinnern.
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Avenida de los Presidentes |
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Avenida de los Presidentes |
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Denkmal an Salvador Allende, ehemaliger Präsident Chiles |
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Avenida de los Presidentes |
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Avenida de los Presidentes |
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Avenida de los Presidentes |
Im Westen Vedados, in Miramar, gibt es dann tatsächlich
Gegenden, in denen auf grossen Grundstücken unglaubliche Villen erbaut wurden.
Hier residierten einst die Reichsten der Reichsten, heute leben hier
Ausländer, Diplomaten. Diese Viertel sind equivalent zu den „Residenciales“
Lateinamerikas, in denen die reiche Elite abgeschirmt von der Bevölkerung
hinter meterhohen Mauern lebt und man auf den Strassen nur verspiegelte SUVs
antrifft.
Da man von den hinter hohen Mauern versteckten Villen keine Fotos machen kann, hier ein paar Fotos von dem was bleibt. Memento mori.
Die dekadente Phase der US-Kolonie Kuba endete Ende der
50er Jahre, als die Revolution triumphierte. Jahrelang hatte die revolutionäre
Guerilla gegen die zahlenmässig weit überlegene Armee Batistas gekämpft. Am 1.Januar 1959, nach der Einnahme der Stadt Santa Clara floh der Diktator vor den Aufständischen.
Auf
der Agenda der Revolutionäre stand nicht nur die Befreiung vom Regime – es ging
den Führern der Revolution um mehr – um ein Ende des ausbeuterischen, exklusiven
Systems, der Unmündigkeit gegenüber der ausländischen Mächte.
Ein Blick auf die
drei berühmten Anführer der Bewegung lässt bereits die Einzigartigkeit dieser
Revolution erahnen:
Fidel Castro, intelektueller Sohn einer reichen Familie.
Camilo Cienfuegos, Student aus einfachen Verhältnissen.
Ernesto „Che“ Guevara,
argentinischer Arzt und heute weltberühmte Ikone.
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Che, Fidel, Camilo und meine Wenigkeit |
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Geschenk eines südamerikanischen Künstlers an Fidel Castro in seinen alten Jahren |
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Skulptur der drei Líderes |
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Wachsfiguren von Camilo und Che |
Die Revolution wurde stets von einem riesigen Teil der
kubanischen Bevölkerung mitgetragen. Seit dem Triumph versammeln sich die
Massen zu besonderen Anlässen auf der „Plaza de la Revolución“, unter der Ehrensäule
des Kopfes der Unabhängigkeitskriege gegen die Spanier, José Martí.
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Memorial Jose Martí |
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Massenkundgebung auf dem Platz der Revolution |
Von den Reformen, die die Revolutionsregierung auf den
Weg brachte, zeugen in Havanna eine Vielzahl an Aussenbezirken, in denen
einfache Wohnblocks hochgezogen wurden, um der massiven Wohnungsnot
entgegenzuwirken. Weiterhin wurde eine Landreform durchgeführt, das Land der
Grossgrundbesitzer wurde also an Kleinbauern und -kooperativen verteilt. Es
folgten Verstaatlichungen wichtiger Betriebe, Alphabetisierungskampagnen, freie Bildung und Gesundheitsversorung.
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Typisches neues Wohnhaus |
Diese
„kommunistischen“ Reformen sorgten dafür, dass das neue Kuba die ehemalige
„Schutzmacht“ USA gegen sich aufbrachte, welche daraufhin Kuba wirtschaftlich
und politisch isolierten. Tatsächlich verzichtete die Regierung Fidel Castros auf demokratische Wahlen und führte in der Folge einen Ein-Partei-Staat ein. Doch der tatsächliche Grund des Konflikts waren tatsächlich die geschädigten wirtschaftlichen Interessen der US-Eliten.
Der Konflikt zwischen den beiden Staaten eskalierte
1962, als eine Brigade von 1500 Exilkubaner mit der Unterstützung der „Yanquis“
(so werden US-Amerikaner auf Kuba genannt) eine Küsteninvasion startete. Die
kubanischen Streitkräfte waren jedoch vorbereitet, und es gelang ihnen, die
Landekräfte am Strand der „Schweinebucht“ niederzuschlagen.
Dieser historische
Sieg, wird in Kuba als der erste „Sieg
über den Imperialismus“ eines lateinamerikanischen Staates bezeichnet. Denn
tatsächlich hatte bis zu diesem Moment kein Staat einer US-amerikanischen
Agression standhalten können.
Kuba hält die Wirtschaftblockade und Agression seit mehr
als einem halben Jahrhundert aus. Unter der Präsidentschaft Obamas haben beide
Staaten nun begonnen sich anzunähern.
Wenn man diese Geschichte kennt, ist verständlich warum die Kubaner mit Stolz sagen:
"Die Revolution ist unbesiegbar."
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